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Datendemokratie

Der Einsatz des Computers als demokratische Kulturtechnik

(Herbst 1988)
Wozu dieses Papier?

Dieses Papier soll als Diskussionsgrundlage für weitergehende Diskussionen über eine sozialverträgliche Nutzung der heutigen - vor allem aber der zukünftigen - Informations- und Kommunikationstechnik (IuK-Technik) dienen. Grundlage ist die Forderung einer an den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Menschen (und nicht an denen des Staates oder der Industrie) orientierten Technologie. Dazu gehört die Einforderung des verfassungsmäßigen Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Grundrecht gewährt die Freiheit der Entscheidung, welche persönlichen Daten ich wem zu welchem Zweck gebe genauso wie ich darüber bestimme, welche Informationen ich einsehen möchte; zudem entscheide ich darüber, mit wem ich wann über was kommuniziere.

Freedom Of Information

Die Forderung nach einer deutschen Entsprechung des amerikanischen "Freedom of Information Act" ist dabei ein Ansatzpunkt. Die zur Zeit initiierte Gesetzesvorlagen der Bundestagsfraktionen der GRÜNEN und der SPD sind in diesem Sinne ein Schritt in die richtige Richtung. Aber eine (Daten)Demokratie kann nicht per Gesetz beschlossen werden; Demokratie ist ein ungeschriebener Konsenz aller gesellschaftlichen Gruppen und nicht ein Diktat der Gesetze. Wie eine solche Datendemokratie aussehen könnte, welche Chancen und Risiken sie birgt, das soll im folgenden das Thema sein.

Begriffsbestimmungen

Informationen kontra Daten

Informtions- Gesellschaft

Ein Schlagwort unserer Zeit ist das der Informationsgesellschaft, in der wir leben (sollen). Leider ist der Schluß "Informationsgesellschaft = informierte Gesellschaft" angesichts des heutigen Einsatzes von "Informations"medien wie die des Computers ein Trugschluß. Die einzige Verbindung zwischen "Information" und "Gesellschaft" scheint darin zu bestehen, entweder Informationen über die Gesellschaft zu sammeln, um sie in der etablierten Planungsbürokratie als Entscheidungsgrundlage zu verwenden oder aber die Menschen mit einer wahren Flut von "Informationen" zu überschütten, daß ihnen nicht einmal bewußt wird, daß ihnen die wichtigsten, nämlich die sie selbst betreffenden Informationen vorenthalten werden. Was aber sind eigentlich Informationen?

Was ist Information?

Wenn ich Dir zum Beispiel einen Zettel mit sieben Zahlen geben, so sind diese Zahlen für Dich Daten. Hättest Du mich gefragt, "Wie lauten die Lottozahlen der letzten Ziehung?" und ich hätte Dir den Zettel gegeben, so wären die Zahlen f¨r Dich Information gewesen. Wie diese Information für Dich genau aussieht, hängt davon ab, aus welchem Zusammenhang heraus Du diese Frage gestellt hast (Habe ich sechs Richtige? Gab es diese Kombination schon einmal in einer Lottoziehung? o.ä.?)

Information als Interpretation von Daten

Informationen sind aus Daten gewonnene Antworten; Informationsgewinnung ist dabei in der Regel ein Interpretationsprozeß. Die Daten legen die aus ihnen gewinnbare Information nicht aus sich selbst heraus fest.

Realität als Interpretation

Informationen sind vom subjektiven Kontext einer Person abhängig bzw. konstituieren diesen Kontext (Subjekt-Realität) überhaupt erst. Daher können bei verschieden Personen bei gleicher Fragestellung die gleichen Daten verschiedene Informationen (Antworten) liefern genauso wie bei einer Person die gleichen Daten zu verschiedenen Zeitpunkten zu verschiedenen Antworten führen können. Das Aussehen (der Inhalt) von Informationen hängt davon ab, wie umfassend der Kontext der Person in Bezug auf die Frage ist, d.h. wieviele andere Informationen zum Themenkreis schon verf¨gbar sind bzw. wie widerspruchsfrei die Eingliederung der neuen Informationen in den vorhandenen Kontext geschehen kann.

Realitätsabgleich

Die geforderte Einbindung neuer Informationen ist ein wesentlicher (Hemm)Punkt in einem Lernprozeß: Je mehr Informationen ein Lebewesen widerspruchsfrei zur subjektiven Realität zusammenfügen konnte (was in der Regel bedeutet, je älter die Person ist), umso schwerer wird die Aufnahme neuer Informationen. Diese werden nämlich vor ihrer Einbindung mit den Maßstäben der alten Antworten (Informationen) vorbewertet und fallen damit oft dem "Realitätsabgleich" zum Opfer (Angst vor Realitätsverlust als Folge der Akzeptierung neuer Antworten).

Statt dessen werden die neuen Daten unter dem Blickwinkel der alten Antworten betrachtet und führen daher bei selbst neuen Daten zu den gleichen alten Antworten. Realität ist in diesem Sinne ein selbsterhaltendes System oder anders ausgedrückt: Es wirkt das Phänomen der selbstbegünstigenden Wahrnehmung. Der Mensch ist eher bereit, nachprüfbare Tatsachen solange abzuändern, bis sie ihm in den Kram passen als sich der Wirklichkeit zu stellen.

Von den Daten zur Info

Damit aus Daten (neue) Informationen werden können, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muß das Individuum lernen, auch "mal über den eigenen Schatten zu springen" und auf (auch alte) Daten neue, nicht sofort in den bisherigen Kontext integrierbare Antworten zu versuchen.

Neue Schulen braucht das Land

Zum anderen ist die Fähigkeit gefragt, aus Daten in einem Frage- und Interpretationsvorgang überhaupt erst Informationen gewinnen zu können, d.h. die Fähigkeit, mit einer gezielten Fragestellung an Daten heranzugehen muß die bisher in der Schule geforderte Fähigkeit, vorgegebene Antworten zu akzeptieren und zu reproduzieren, ablösen.

Kommunikation
Viele der hier erörterten Ansätze entstammen einem
Kommunikationsseminar von Prof. Zimmermann, Heilbronn.

community = communication

Kommunikation ist die sozialste aller menschlichen Handlungen. Die soziale Gruppe, zu der wir gehören, ließe sich definieren als die Gruppe von Menschen, mit denen wir kommunizieren. In einer nicht-technischen Definition ist Kommunikation "die subjektive Verbreitung und der subjektive Austausch von Meinungen, Gefühlen und Ideen. Es ist ein zweipoliges Geschehen. Reiz und Reaktion" (Tuck).

Wichtig erscheinen mir an dieser Definition drei Punkte: Zum einen wird deutlich, daß Kommunikation etwas von reinem Informationsaustausch grundverschiedenes ist. Weiterhin kann dieser Definition nach Kommunikation keine "Einbahnstraße" sein; sie erfordert nicht nur (mindestens) zwei Personen, sondern diese Personen müssen zudem aktiv werden, um Kommunikation zu ermöglichen.

Diese beiden Punkte werden noch unterstrichen durch die Verwendung des Attributes "subjektiv": Kommunikation ist immer ein Stück Selbstoffenbarung und ist ab einer gewissen Ebene ohne innere Beteiligung der KommunikationsteilnehmerInnen nicht möglich.

Hemmnisse

Die meisten Menschen kommunizieren miteinander, ohne sich dieser Tatsache recht bewußt zu sein. Für viele ist das Ergebnis unbefriedigend, weil sie im Sinne der obigen Definition nur in Teilbereichen miteinander kommunizieren. Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • Die vorgegebenen Strukturen, in denen wir uns bewegen, sind- von Ausnahmen abgesehen - hierachisch organisiert. Das Verhältnis der sozialen Positionen der KommunikationspartnerInnen bestimmt den Kommunikationsmodus. Je größer die Differenz sozialer Positionen ist, um so schwieriger wird Kommunikation - bis hin zur Unmöglichkeit.
  • Kommunikation ist Selbstoffenbarung. Wir versuchen, eigene Schwächen zu verbergen, weil wir nicht mehr fähig sind, die Schwächen der anderen zu akzeptieren.
  • Wir haben ebenfalls verlernt, zuzuhören - ein Resultat der Schule, wo man immer zuhören mußte; jetzt hören wir uns gerne selber reden.
  • Wir finden nicht den richtigen "Code". Wir wissen nicht, wie die anderen denken (ein Problem, da sich bei wirklicher Kommunikation von selbst lösen würde) und/oder sind nicht bereit, uns auf die andere Person einzustellen.
  • Die Interessenlage ist verschieden - auch das gegenseitige Interesse an den anderen Personen ist abhanden gekommen.
  • Unterschiedliche Ausbildung und soziales Umfeld.
S.N.A.F.U.

Der Schluß daraus könnte lauten: "Kommunikation ist nur unter Gleichen möglich", wie es das mit dem amerikanischen Slangausdruck SNAFU belegte Prinzip formuliert. Der russische Verhaltensforscher Pavlov hielt vor der Akademie der Wissenschaften in Moskau einen Vortrag über seine Versuche mit Hunden: "Ich sagte dem Hund. .. Der Hund sagte. .. dann sagte ich dem Hund...". In der anschließenden Diskussion fragte einer der Akademiemitglieder: "Herr Pavlov. Die ganze Zeit erzählen sie uns, daß sie mit dem Hund gesprochen hätten. In welcher Sprache haben sie sich mit dem Hund unterhalten?". Die Antwort Pavlovs darauf ist verbürgt. Er sagte: "Wau Wau Wau. Jede andere Sprache hätte der Hund nicht verstanden."

Für unser tagtägliches Kommunikationsverhalten bedeutet dies, daß wir uns alle etwas mehr Mühe geben müssen, in der richtigen Sprache zu sprechen. Die "Kommunikationsgleichheit " herzustellen, erfordert eben etwas anderes, als "gescheit daherzureden".

Kommunikation über Medien

Wichtig werden die hier angesprochenen Punkte, wenn es später um die Übertragung von Kommunikation auf technische Medien wie den Computer geht. Computerunterstützte Kommunikation hat eine geringere "Bandbreite" als direkte Kommunikation. Sie wird beschränkt auf das Übermitteln von geschriebenen Texten. Bei einer Kommunikation, bei der die TeilnehmerInnen direkt miteinander reden, wirken Regelungsmechanismen, die Interaktionen negativer Tendenz entgegenwirken und Unstimmigkeiten zwischen den TeilnehmerInnen ausbalancieren. Diese Mechanismen wie Augenkontakt, Gesprächston, Gebährden usw. sind nicht auf das Computernetz transferierbar. Netzkommunikation erfordert (unter anderem) eine neue Gesprächsdisziplin, die geübt werden muß, weil sie in der Nicht-Netzwelt nicht gefordert ist.

Computer(netze) als Strukturverstärker

"Computer und ihre Vernetzung verändern die Welt", wird vielerorts geäußert und mit solcher Überzeugung vertreten, daß ein Hinterfragen schon fast blasphemisch wirken muß. Trotzdem - oder gerade deswegen - ist dieses Hinterfragen notwendig.

Zuerst einmal: Was bedeutet "Veränderung"? Natürlich ist es unbestritten, daß unsere Welt nicht mehr so ist, wie sie vor der Einführung des Computers war. In diesem Sinne hat es eine Veränderung gegeben und der Computer ist mit diesen Veränderungen in Verbindung zu bringen.

Untersuchen wir also zuerst die Art der Veränderungen, die stattgefunden haben:

Der Computer als Rationalisierungsinstrument

Mit der Einführung des Computers in die Büroorganisation und die industrielle Fertigung hat der Computer letztendlich seinen Durchbruch erreicht. "Arbeitsplatz-(Weg-)Rationalisierung" ist eine gängige Umschreibung der dadurch hervorgerufenen Veränderung. Aber die Veränderungen drücken sich auch anders aus: Bei der Einführung des Computers in diese Bereiche bildete sich sehr schnell eine Dreiteilung des Personals: Diejenigen, die die Arbeitsabläufe bestimmen (die gabs vorher schon und es sind auch dieselben); die Experten und Fachkräfte, die zur Bedienung der neuen Arbeitsumgebung befähigt sind und letztendlich diejenigen, die mit der Entwicklung nicht Schritt halten konnten und entweder entlassen oder mit Arbeit beschäftigt werden, für die sie eigentlich überqualifiziert sind.

Paradigma "Effizienz"

Die Struktur des Arbeitslebens in dieser Gesellschaft ist bestimmt von Punkten wie Arbeitseffizienz, Leistungsprinzip, Ausbeutung usw. Meiner Ansicht nach ist durch die Einführung des Computers genau dieses verstärkt worden: Computer werden nicht dazu eingesetzt, dem Personal die Arbeitsbedingungen zu verbessern, sondern sie werden statt dieser Personen beschäftigt, da ihre Arbeit effizienter und leistungsvoller ist. Die mit den Computern arbeitenden Mitarbeiter stehen unter verstärktem Leistungsdruck, da von ihnen entweder verlangt wird, daß ihre Arbeit (mit dem "Hilfsmittel" Computer) jetzt schneller und besser sein muß oder daß sie ihren Arbeitsrythmus endgültig von der Maschine (Computer) abhängig machen.

Verstärkung statt Veränderung

Bei genauerer Betrachtung stellt man also fest, das es sich dabei nicht um eine Strukturveränderung handelt. Industrieunternehmen basieren auf einer hierachisch-organisierten profit-orientierten Arbeits- und Organisationsstruktur.

Diese ist durch den Computer nicht verändert worden, sondern der Computer läßt die vorhandene Struktur nur sehr viel deutlicher werden. So verhält es sich auch im staatlichen Bereich:

Der Computer als Planungsinstrument des Staates

Die offizielle Wortwahl der Franzosen für den Computer lautet "ordinateur", also Ordner oder Planer. Der Computer manifestiert sozusagen die bei staatlichen Organen herrschende Planungsmentalität, schafft aber keine neuen Formen bürokratischen Handelns (abgesehen von den Sachenzwängen, die ein Computereinsatz dieses Ausmaßes mit sich bringt).

Paradigma "Kontrolle"

Die datenbasierte Entscheidungsfindung ist also nicht durch den Computer hervorgerufen worden, sondern ist logische Konsequenz der Organisationsstruktur unseres Staates. Der hierachische Aufbau der Institutionen verhindert Kommunikation (Ausnahmen sind sind sogenannte "kleine Dienstwege"); zwischen den einzelnen Ebenen der Hierarchie ist einzig ein reiner Datenfluß möglich.

Da diese Tatsache den staatlichen Entscheidungsträgern sehr wohl bewußt ist, bleibt ihnen nur die Möglichkeit - zumindest aus ihrer Sicht - diesen Informationsfluß zu automatisieren und in ihrem Sinne effizienter und vorallem kontrollierbarer zu gestalten. Die Entscheidung für einen Einsatz von Computern ist damit nur eine Formsache.

Der Einsatz von Computern und deren Vernetzung schafft - so können die vorher genannten Beispiele bewertet werden - keine neuen Strukturen, sondern verstärkt nur die vorhandenen nicht-technischen Organisations-, Arbeits- und Sozialstrukturen.

Das bedeutet, das zum einen der Computer nicht die Lösung vorhandener Probleme sein kann, seien sie nun organisatorischer, arbeitstechnischer oder sogar sozialer Natur. Der Einsatz von Computertechnologie kann nur dann vorteilhaft gestaltet werden, wenn die zu Grunde gelegte sozial Struktur vorteilhaft ist. Daher sollte das Hauptaugenmerk bei der Computerisierung auf die vorhandenen nicht-technischen Strukturen gelegt werden, in denen Computer eingesetzt werden sollen.

Hierachisch/Netzartig organisierte Sozialstrukturen

Mit hierachischen Strukturen besitzt die Menschheit ein jahrtausendelange Erfahrung - mit Familie, Schule, Betrieb und Staat. Hierachie bedingt zentralistische Organisationsformen, denn nur so kann der Machtanspruch der "Pyramidenspitze" gewahrt werden. Kommunikation in einer Hierachie ist erschwert oder sogar unerwünscht; sie beschränkt sich auf den reinen Informationsaustausch, wobei die meisten Informationen von unten nach oben und die von der "Pyramidenspitze" daraus abgeleiteten Anweisungen und Befehle von oben nach unten fließen.

Im Gegensatz dazu lassen sich netzartige Organisationsformen durch eine dezentrale Entscheidungsprozesse charakterisieren. Kommunikation im Netzwerk beschränkt sich nicht auf Informationsübermittlung; Kommunikation ist sogar die Basis des Netzes. Lokale Netzgruppen arbeiten bei ihren Angelegenheiten autonom; mehrere Gruppen betreffende Entscheidungen werden über das Netz koordiniert. Die Existenz einer zentralen Führungsgruppe ist nicht notwendig. Anweisungen an lokale Gruppen werden nur nach einer Diskussion, die über das Netz stattfindet, erteilt und haben kein Befehlscharakter.

Das hier Gesagte läßt sich in einer Gegenüberstellung vereinfachen:

Hierachie Netzwerk
zentralisiert dezentralisiert
Informationsfluß von unten nach oben kein gerichteter Informationsfluß
Kommunikation erschwert bis verhindert Kommunikation Basis des Netzwerkes
Befehlsorientiert Konsensorientiert

Utopie "Datendemokratie"

Grundlage einer Datendemokratie ist die Dezentralisierung von Entscheidungsprozessen. Statt der "Pyramidenspitze" entscheiden lokale, zielorientiert arbeitende Gruppen über ihre Belange.

Ein Computereinsatz ist für die Arbeit innerhalb der Gruppe nicht notwendig und sollte nur erfolgen, wenn es die lokalen Arbeitsabläufe wirklich unterstützen kann.

Zur Koordination der lokalen Gruppen untereinander sollte ein Computerunterstütztes Kommunikations- und Informationsnetz aufgebaut werden, das eine zentralisierte Fährungsgruppe ersetzen kann. Mehrere lokale Gruppe betreffende Entscheidungen werden dabei von allen GruppenmitgliederInnen über das Netz abgesprochen und gefällt.

Aufbau computer-unterstützter sozialer Netzwerke

Ein soziales Netzwerk ist die Gesamtheit der sozialen Interaktionen einer Gruppe von Menschen, die zielorientiert, aber ortsunabhängig an einem Projekt arbeitet. Sie kann sich zur Erreichung dieses Zieles technischer Unterstützung bedienen. Die dafür benutzten Techniken können in zwei Gruppen aufgeteilt werden: Die lokal-orientierten und die global-orientierten Medien.

Zur ersten Gruppe gehören all die Techniken, die die soziale Interaktion vor Ort, d.h. bei persönlicher Anwesenheit der GruppenmitgliederInnen, fördern. Beispiele dafür sind Diaprojektoren, Mikrophone usw.

Zur zweiten Gruppe gehört neben dem Telefonnetz das Computernetz. Computernetze können für die Gruppe eine Reihe wichtiger Funktionen erfüllen. So ist der schnelle Austausch von Texten für einen abgeglichenen, ortsunabhängigen Wissensstand ebenso wie der einfache Zugang zu Gruppen-externen Wissensbasen (Datenbanken) über das Netz möglich.

Im Gegensatz zum Telefonnetz ist auch eine zeitverschobene Kommunikation praktikabel, so da nicht alle TeilnehmerInnen einer inhaltlichen Diskussion zeitgleich arbeiten müssen. Ebenfalls denkbar sind Fernabstimmungen. Damit dieser Einsatz moderner Kommunikationsmedien erfolgreich sein kann, sind einige Rahmenbedingen zu beachten.

Da Computernetze Strukturverstärker sind, müssen im Vorfeld eines Computereinsatzes die HERRschenden Strukturen innerhalb der (Arbeits-) Gruppe offengelegt und überdacht werden. Es ist sehr wahrscheinlich, daß negative Strukturen, die in einer lokalen Interaktion nur bedingt hemmend wirken, in einem computer-unterstützten sozialen Netz jedwede konstruktive Arbeit unmöglich machen können.

Ein Beispiel solcher Negativ-Struktur wäre eine machtbasierte Gruppenhierachie. Hierachische Gruppenstrukturen behindern eine im Sinne des zu erreichenden Gruppenzieles effektive Netzkommunikation. Das Aufbrechen solcher Strukturen ist Grundvoraussetzung für einen Computereinsatz; sie sind durch viele dezentral (lokal) angelegte Organisationen zu ersetzen.

In den lokalen und so weit wie möglich autonom arbeitenden Gruppen sollten Quotierung und Kompetenzdemokratie Leitlinien sein. Das Computernetz dient dann primär der Koordination und dem reinen Informationsaustausch zwischen den Dezentralen sowie dem Wissenserwerb aus Datenbanken.

Beim Aufbau computer-unterstützter sozialer Netze ist in jedem Fall zu berücksichtigen, da auch lokale Gruppen, die nicht das Computernetz in Anspruch nehmen wollen, weiterhin im sozialen Netz integriert bleiben. Dieser Punkt ist das wichtigste und am schwierigsten zu lösende Problem bei der Installation eines Computernetzes. In diesem Zusammenhang ist auch sicher zu stellen, da das technische Konstrukt "Computernetzwerk" substituierbar bleibt und die Eigendynamik des Computereinsatzes beobachtet wird, um bei Auftreten kontraproduktiver Tendenzen gegensteuern zu können.

Der Aufbau des Netzes sollte in mehreren Schritten erfolgen:

  • Eigene Arbeits- und Denkstrukturen freilegen:
    Dieses kann nur durch "Grundsatzdiskussionen " innerhalb der lokalen Gruppe geschehen. Strukturen, die im Sinne des Netzgedankens undim Konsens der GruppenmitgliederInnen als negativ bewertet werden, müssen aufgebrochen werden.

  • Falls viele lokale Gruppen zielorientiert an einem Projekt arbeiten, ist eine Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse, die das Projekt als Ganzes betreffen, notwendig. Das Netz stellt die dafür notwendige Technik des ortsunabhängigen Diskussionsstandes und der zeitverschobenen Fernabstimmung zur Verfügung. Gerade an diesem Punkt ist nochmals zu betonen, da auch Gruppen, die nicht am Netz teilnehmen wollen, in den Entscheidungsprozess integriert weden.